Neue Brandschutz-Untersuchungen an begrünten Dächern
Bereits im Jahre 1988 ließ die Firma ZinCo durch die Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Stuttgart an Dachbegrünungsaufbauten Brandschutzprüfungen in Anlehnung an die DIN 4102, Teil 7 „Bedachungen“ durchführen. Die damaligen Prüfergebnisse waren mit Grundlage dafür, dass heute in Deutschland begrünte Dächer als „Harte Bedachung“ anerkannt werden, sprich sie gelten als widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme.
Entsprechend den Vorgaben der Norm diente als Brandsatz für die Versuche ein 30 × 30 cm großes Drahtgestell, das mit 600 g klimatisierter Holzwolle gefüllt war. Diesen Brandversuch, der bei 15° Neigung durchgeführt wurde, gibt es heute immer noch und er wird auch im Zuge der Harmonisierung der europäischen Normen als „Prüfverfahren 1“ in der DIN EN 1187 „Prüfverfahren zur Beanspruchung von Bedachungen durch Feuer von außen“ beschrieben.
Da nicht jedes Land diesen Test anwendet, sondern es parallel zu „Prüfverfahren 1“ noch drei weitere Verfahren in Europa gibt, hat man sich bei ZinCo entschieden, nochmals Brandtests an Dachbegrünungsaufbauten durchführen zu lassen, um auch Skeptiker in den Ländern von der Brandsicherheit begrünter Dächer überzeugen zu können, in denen der „deutsche Test“ nicht angewendet wird.
Die „härteste“ Prüfung
Entschieden hat man sich schließlich für das aus Frankreich stammende „Prüfverfahren 3“, welches als das härteste angesehen werden kann, da zusätzlich zu zwei Brandsätzen noch ein Luftstrom aus einem Gebläse mit einer Geschwindigkeit von 3 m/s und Strahlung aus einem flächigen Wärmestrahler mit einer Leistung von 12,5 kW/m² hinzu kommen. Die Brandversuche wurden Mitte Juni 2011 in der Brandversuchshalle der Forschungsstelle für Brandschutztechnik der Universität Karlsruhe durchgeführt; die Klassifizierung der Aufbauten erfolgte anschließend durch die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart, als notifizierter europäischer Brandprüfstelle. Die Versuche wurden bei einer Neigung von 5° durchgeführt und gelten damit laut Prüfnorm für Dachneigungen bis zu 10°.
Die Versuchsaufbauten
Für die Versuche wurden zwei identische Dachaufbauten in der Größe 1,2 m × 3,0 m hergestellt, bestehend aus verzinkten Stahltrapezblech-Profilen, 60 mm Wärmedämmplatten aus PIR-Hartschaum mit Stufenfalz und einer einlagigen Abdichtungsbahn aus thermoplastischem Polyolefin (TPO). Dachabdichtung und Dämmstoff wurden an den Längsrändern mit jeweils fünf ovalen Haltetellern und Dachbauschrauben mechanisch fixiert.
Die beiden Unterbauten wurden anschließend mit Dachbegrünungsaufbauten bestückt. Ein Aufbau bestand aus einer ca. 5 mm dicken Speicherschutzmatte aus Polypropylen, 25 mm hohen Drän- und Wasserspeicherelementen des Typs „Floradrain® FD 25“ aus tiefgezogenem Polyethylen, einem dünnen Filtervlies aus Polypropylen und einer 50 mm dicken Substratschicht aus der Systemerde „Lavendelheide“, die von einem Rahmen aus Holzlatten gehalten wurde. Beim zweiten Begrünungsaufbau wurden als Drän- und Wasserspeicherelemente 50 mm hohe Floraset® FS 50-Elemente aus expandiertem Polystyrol-Hartschaum (EPS) und eine Schutzmatte aus Polyesterfasern eingebaut, die restlichen Schichten waren identisch. Die fertiggestellten Probeflächen standen vor Durchführung der Versuche ca. eine Woche in der Versuchshalle, so dass sich der Feuchtegehalt des in Säcken angelieferten Substrats an die Umgebungsbedingungen angleichen konnte.
„In Brand gesetzt“
Der Versuchsablauf war jeweils derselbe. Zunächst wurde der Wärmestrahler 3 Minuten vorgeheizt, danach wurden zeitgleich die beiden Brandsätze aufgesetzt, deren offene Flammen nach ca. 10–12 Minuten wieder erloschen. Im Anschluss wurden die Aufbauten bis zum Versuchsende (Versuchsdauer ohne Vorheizen insgesamt 30 Minuten) weiter bestrahlt und beobachtet.
Die Versuche zeigten, dass weder eine flächige Brandausbreitung stattfindet, noch dass es zu einem Durchbrennen kommt. Etwa 5 Minuten nach Versuchsende wurde eine Oberflächentemperatur der Systemerde von ca. 300 °C gemessen, während die Temperatur des Systemfiltervlieses nach Entfernen der Systemerde nur etwa 40 °C aufwies. Ab dem Systemfiltervlies nach unten (einschließlich Drän- und Wasserspeicherelemente Floradrain® FD 25 bzw. Floraset® FS 50) wurden keine Brandeinwirkungen festgestellt.
Der Zusatztest mit Vegetation
Nach Ende des zweiten Versuchs nutzte man die Gelegenheit und wandte sich nochmals dem inzwischen abgekühlten Versuchsaufbau Nr. 1 zu. Nachdem dieser durch den vorausgegangenen Brandversuch so gut wie keine Beeinträchtigung erfahren hatte, brachte man auf diesen eine bereit gehaltene 1,0 × 2,0 m große, mit verschiedenen Sedumarten vorkultivierte Vegetationsmatte auf und führte den Brandtest nach „Prüfverfahren 3“, also mit Brandsätzen, Wind und Strahlung, nochmals durch. Auch hier erloschen die Brandsätze nach ca. 12 Minuten, ohne dass die Vegetation Feuer gefangen hatte. Während der weiteren knapp 20 Minuten trocknete die Vegetationsmatte aufgrund der Einwirkung des Wärmestrahlers so stark aus, dass nach dem eigentlichen Versuchsende die getrocknete Teilfläche mit etwa 80 cm Durchmesser durch eine offene Flamme entzündet werden konnte. Nach ca. zwei Minuten erloschen die Flammen jedoch wieder, ohne dass sie über den getrockneten Bereich hinaus vorgedrungen waren. Auch mit Vegetation wurde der „Feuertest“ gemäß der Prüfnorm also bestanden.
Mit Erfolg bestanden
Alle drei Versuche zeigten, dass ein Gründachaufbau mit einer Substratschichtdicke von mindestens 5 cm Dicke und einem Substrat, dass nicht mehr organische Bestandteile enthält als die ZinCo Systemerde „Lavendelheide“, gemäß Teil 5 der DIN EN 13501 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“ als BROOF(t3) klassifiziert werden kann. Diese Klassifizierung erfolgte aufgrund der Karlsruher Testergebnisse anschließend durch die dafür akkreditierte MPA Stuttgart für Dachneigungen bis 10°.
Ein begrüntes Flachdach mit der Klassifizierung BROOF(t3) ist widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme, d. h. der Dachbegrünungsaufbau verhindert die Ausbreitung eines Feuers auf dem Dach und eine Brandübertragung vom Dach ins Innere des Gebäudes bei einer von außen auf das Dach einwirkenden Beanspruchung entsprechend den Vorgaben der Prüfnorm für mindestens 30 Minuten.
Auch wenn die vier Testmethoden, von denen sich die Mitgliedsstaaten der EU gemäß ihren Sicherheitsstandards für eines entscheiden können, nicht direkt vergleichbar sind, ist doch die Beanspruchung beim „Prüfverfahren 3“ mit Brandsätzen, Wind und zusätzlicher Strahlung besonders groß. Dies bietet größtmögliche Sicherheit für den Bauherrn und hilft sicher auch Behörden und Versicherungen in Ländern von der Unbedenklichkeit von Dachbegrünungen zu überzeugen, wo es noch keine Brandschutzregelungen für Gründächer wie in Deutschland gibt.
Prüfbericht ENV 1187, Test 3 der MPA Stuttgart
Klassifizierungsbericht EN 13501-5 der MPA Stuttgart
Autor: Roland Appl, Dipl.-Ing. (FH) Bauphysik, Technischer Leiter ZinCo GmbH
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