Dachgärten auf Wolkenkratzer
Der Inselstaat Singapur verfügt über eine Landfläche vergleichbar mit der von Hamburg. Aufgrund der Bodenknappheit verwundert es nicht, dass dort bevorzugt Hochhäuser gebaut werden. So auch das aus drei Türmen bestehende Fusionopolis mit bis zu 24 Stockwerken und einer Gesamtbruttofläche von 120.000 m². Als Zentrum für Forschung und Entwicklung bildet es zusammen mit dem angrenzenden biomedizinischen Zentrum Biopolis die Basis des neuen High-Tech-Viertels „One North“. Sechs weitere Gebäude werden folgen.
Der japanische Architekt Dr. Kisho Kurokawa plante Fusionopolis als „layered city“. Vertikal übereinander gestapelt entstanden Arbeitsplätze, Shopping Malls, Behörden, Appartements, Restaurants und ein Fitness-Center mit Schwimmbad. Dachgärten nehmen dabei eine herausragende Rolle ein, um das Landschaftsdesign und den praktischen Nutzen für die Menschen in ein Gleichgewicht zu bringen. Auf dem Wolkenkratzer waren natürlich besondere Herausforderungen in Bezug auf Wind, Entwässerung und Logistik zu bewältigen, um die „Skygardens“ zu verwirklichen.
Die Menschen profitieren vom Grün
Auf den strategischen Stockwerken (d.h. auf dem 5., dem 17./18. und dem 21./22. Stockwerk) befinden sich sowohl die Hauptgärten als auch die verglasten „Skybridges“ als Übergänge zu den benachbarten Türmen. Insgesamt dreizehn thematische Dachgärten wurden hier realisiert mit einer dichten Bepflanzung aus 4–5 m hohen Bäumen und 1–2 m hohen Sträuchern. Darüber hinaus wurden viele kleine Balkongärten im Außenbereich aller Büros gebaut, die sich auf die gesamte Höhe des Gebäudekomplexes verteilen.
Als „grüne Lunge“ sorgen die Dachgärten von Fusionopolis für einen Kühleffekt im tropischen Klima von Singapur (konstante Temperaturen zwischen 24 °C und 31 °C und durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von 75 %). Form und Lage der drei Türme wurden so geplant, dass sie den Kühleffekt nicht nur auf die begrünten Stockwerke beschränken, sondern die Frischluftströme auch in andere Teile des Komplexes strömen lassen. Dadurch wird die Gesamttemperatur in der Umgebung reduziert.
Die Gründächer sind darüber hinaus zur Erholung und als sozialer Treffpunkt gedacht. Im hektischen Singapur ist es effizienter, die Natur in die Büros zu bringen als anders herum. Die Menschen müssen nicht bis ins Erdgeschoss hinunter, sondern finden Momente der Ruhe und Inspiration direkt vor ihren Büros. Die Balkongärten dienen zudem als optischer Puffer und gewähren den Menschen wichtige Privatsphäre.
Bauliche Herausforderungen
Auf Grundlage des Landschaftskonzeptes plante ZinCo Singapore die Dachbegrünungen, angepasst an die objektspezifischen Anforderungen.
Für die Pflanzungen waren bauseitig eingesenkte Becken mit einer gleichmäßigen Tiefe von 75 cm vorhanden, unterbrochen durch die Überzüge der Betondecke. Im ersten Schritt erhielten sämtliche Pflanzbecken eine wurzelfeste Dachabdichtung. Die anschließende Flutung über mehrere Tage belegte ihre Dichtigkeit.
In die großflächigen Pflanzbecken wurden danach mehrere sekundäre Abgrenzungen betoniert und darin Entwässerungsrohre eingebracht, um die entstehenden Flächen zu verbinden. Diejenigen Flächen, die Gehbeläge und eine extensivere Bepflanzung erhalten sollten, wurden mit Trapezblechen abgedeckt und darauf eine sekundäre Betonplatte gegossen. Durch die Schaffung dieser Hohldecken wurde die statische Belastung auf ein notwendiges Minimum reduziert. Nur in denjenigen Flächen, in denen Baumpflanzungen vorgesehen waren, wurde die vorhandene Beckentiefe von 75 cm für den Systemaufbau tatsächlich gebraucht.
Auf die Dachabdichtung folgten hier eine Isolierschutzmatte ISM 50 und das vollflächig verlegte Dränageelement Floradrain® FD 60, verfüllt mit Zincolit® Plus und abgedeckt mit dem Systemfilter SF. Dort, wo eine Bepflanzung mit kleineren Sträuchern und Bodendeckern geplant war, reichte der ZinCo Systemaufbau mit Floradrain® FD 40 mit geringerer Aufbauhöhe aus.
Das Ziegelsplitt-Substrat stammte aus dem Nachbarland Malaysia und aus Südchina – ein neuerlicher Beweis der Umweltfreundlichkeit von Fusionopolis, da es sich um Recyclingmaterial handelt.
Materialtransport in Nachtschicht
Während die leichten, druckstabilen Dränageplatten Floradrain® problemlos auf die jeweiligen Stockwerke zu befördern waren, erreichte der Transport von mehreren Tausend Kubikmetern Substrat ganz eigene Dimensionen. Da keine Möglichkeit bestand, Material außerhalb der Glasfassade auf die Stockwerke zu befördern, wurde das Substrat Sack für Sack über den Lastenaufzug nach oben transportiert. Um mit der Arbeit der anderen Handwerker auf der Großbaustelle nicht zu kollidieren, musste dieser Materialtransport in die Nachtstunden verlegt werden.
Be- und Entwässerung der Grünflächen
Das Dränageelement Floradrain® speichert in seinen Mulden Wasser für die Bepflanzung und leitet Überschusswasser durch sein unterseitiges Kanalsystem sicher ab. Das Wasser gelangt über die genannten Entwässerungsrohre in den Sekundärwänden zum Ablauf, welcher außerhalb des Pflanzbeetes liegt. Durch die Abdeckung der Dränschicht mit dem Systemfilter im ZinCo Systemaufbau ist sichergestellt, dass keine Feinteile in das Druckstrom-Entwässerungssystem gelangen, das im gesamten Fusionopolis-Projekt eingesetzt wurde. Kontrollschächte sorgen für die problemlose Durchführung zukünftiger Wartungsarbeiten.
Für die notwendige Zusatzbewässerung der Bepflanzung ist ein vollautomatisches Tropfbewässerungssystem installiert. Täglich fließen 14 000 Liter Brauch- und Grauwasser in die insgesamt 54 Bewässerungszonen des Systems. Den hohen Wasserbedarf der Pflanzen bedingt ihre exponierte Lage, da der Wind die oberste Schicht des Substrats schnell austrocknet.
Windsog in 80 m Höhe
Singapur liegt weder in einer Starkwindzone noch gibt es Wirbelstürme oder Zyklone. Für bautechnische Aspekte wird in Singapur eine Windgeschwindigkeit in Bodennähe von 97 km/h einkalkuliert (zum Vergleich: auf den Philippinen rechnet man durch die Wirbelstürme mit bis zu 240 km/h). Trotzdem wurden bei Fusionopolis die Gründächer so geplant und ausgeführt, dass die Windeinwirkungen (Druck-, Sog- und Reibungskräfte) insbesondere in den oberen Stockwerken minimiert wurden.
Zu diesen Maßnahmen zählen höhere Substratschichten sowie Schotter- oder Plattenbeläge in besonders gefährdeten Rand- und Eckbereichen.
Grundsätzlich wurden nur kleinere Bäume mit kleineren Wurzelballen verwendet und diese mit Stahlkabeln verankert. Von Vorteil waren hier die beschriebenen sekundären Wände der Pflanzbecken, da in diese die Stahlkabel eingelassen werden konnte. Damit wurden Durchdringungen der Dachabdichtung zur Verankerung ganz vermieden.
Höhenflüge in der Gestaltung
Eine besondere Dimension gewinnen die Dachgärten von Fusionopolis durch verschiedenartige vertikale Begrünung. Kletterpflanzen ranken sich an einzelnen Kabeln aus Edelstahl teilweise bis über zwei Stockwerke. Eine weitere höchst eindrucksvolle Art der vertikalen Begrünung ist auf dem 18. Stockwerk zu finden: eine S-förmige Stahlstruktur überspannt dort drei Stockwerke bzw. 15 m zwischen Boden und Decke und wird sukzessive von den Kletterpflanzen vereinnahmt. Für all diese Begrünungsformen bildet der ZinCo Systemaufbau die sichere Grundlage.
Darüber hinaus hat Fusionopolis viele weitere landschaftsarchitektonische Highlights zu bieten: Gehbeläge in verschiedensten Ausführungen und Aufenthaltsbereiche mit Sitzgelegenheiten inmitten grüner Beetpflanzungen oder mitten in einer Teichlandschaft. Da in Asien die Präsenz, der Klang und der Blick auf fließendes Wasser besonders wichtig sind, sind Wasserelemente integrierter Bestandteil ein jeder Gartengestaltung: hier finden sich verschiedene Wasserbecken, Teiche und Bäche.
Aus der Erfahrung gelernt
Die ZinCo Systemaufbauten schufen die Grundlage für dauerhaft sicheres Pflanzenwachstum. Einzelne Pflanzenarten, die vom australischen Landschaftsberater ausgewählt worden waren, hielten allerdings den Extrembedingungen auf dem Wolkenkratzer nicht stand und mussten nach drei Monaten ausgetauscht werden. Die Baumart Michellia Alba, die an der Brüstungslinie auf dem 21./22. Stockwerk gepflanzt worden war, litt zu stark unter den Auswirkungen des Windes (schnelles Austrocknen, ständiges Vibrieren). Pflanzen, die sich in einem Abstand von mehr als 10 m zum Gebäuderand befinden, müssen an bewölkten Tagen mit 400–500 Lux auskommen. Auch hier musste im Nachhinein eine Baumart ausgetauscht werden gegen eine schattenliebende Variante. Die endgültige Bepflanzung hat sich in den vergangenen zwei Jahren seitdem hervorragend etabliert.
Gartenbauliche Kenntnisse und die Berücksichtigung der örtlichen klimatischen und mikroklimatischen Bedingungen sind entscheidende Faktoren. Für ZinCo ist einmal mehr bewiesen, dass die sorgfältige, objektgerechte Planung wesentlich für den Begrünungserfolg ist. Dies gilt besonders für solch außergewöhnliche Begrünungsobjekte wie Fusionopolis.
Autoren:
Roland Appl, Technischer Leiter ZinCo GmbH, Deutschland
Ho Wan Weng, Geschäftsführer ZinCo Singapore Pte Ltd, Singapur
Bautafel
Bauprojekt: Fusionopolis im High-Tech-Zentrum „One North“, Singapur/SGP
Bauherr: JTC Corporation, Singapur/SGP
Baujahr: 2008
Dachfläche: ca. 1600 m²
Architekt: Dr. Kisho Kurokawa Architects & Associates, Tokyo/JP
Dachbegrünung: ZinCo Systemaufbauten mit Floradrain® FD 40 und FD 60 für insgesamt 13 thematische Dachgärten und Balkongärten
Systemlieferant: ZinCo Singapore Pte Ltd, Singapur/SGP
Ausführung: Horti-Flora Services Pte Ltd, Singapur/SGP
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
ZinCo GmbH
Lise-Meitner-Str. 2
72622 Nürtingen
Tel. 07022 6003-0
E-Mail: info@zinco-greenroof.com